Sonntag, 22. Februar 2015

Splintenzeug Teil 4: Eisen biegen

Eisenbiegen...

Bevor man mit dem Eisenbiegen loslegen kann, muss man natürlich einiges vorbereiten.
Zuerst ist es wichtig zu wissen, wieviel Material man insgesamt braucht.
Dazu habe ich mir auf meine Schnittmuster aufgezeichnet, wie die Splinte auf dem Leder verlaufen sollen.

Alle Splinte wurden durchnummeriert und die maximal-Länge ausgemessen und notiert. Jetzt könnte man natürlich
wild Stahl bestellen und einfach eins nach dem anderen abschnippeln. Dann bleibt aber eine Menge Zeug übrig.
Also: Tabelle gemacht und geschaut, ob man die Stücke einigermaßen Sinnvoll sortiert bekommt, so dass pro Meter Stahl 1-2cm Verschnitt entstehen.
Das war das Ergebnis:

11 Streifen pro Seite werden für mein Projekt benötigt. Bestellt habe ich 24 Streifen, damit ich etwas Backup habe, falls ich etwas verkacke oder später mal etwas kaputt geht.

Der gelieferte Stahl hat durch das Abscheren beim Lieferanten eine leichte Torsion, daher musste ich sie alle einzeln erstmal geradebiegen. Aufgrund der Länge funktioniert das am einfachsten mit einem Schraubstock und einer Feststell-Zange. Über beide Enden der Streifen habe ich ein Stück Stoff gelegt, damit Zange und Schraubstock-Backen den Stahl nicht zerkratzen.
(Hat am Schraubstock nicht 100%ig funktioniert, daher kommt später eine Verbesserung...)

Nächster Schritt: Mittellinie anreißen.

Damit später die Löcher alle schön mittig in einer Reihe sitzen, macht es Sinn, sich jetzt die Mittellinie zu markieren.
Hierfür habe ich ein 50cm Stahl-Lineal und eine Reißnadel verwendet.

Ab hier habe ich in Paketen gearbeitet. 3-4 Streifen komplett verarbeitet, dann das nächste Paket angefangen. Das ist meiner Meinung nach ein guter Kompromiss zwischen Effektivität und Eintönigkeit.

Anzeichnen:

Auf der Schablone sind die einzelnen Splinte jeweils mit der Position des Splints auf der Schablone (hier S4) und mit der Streifen-Nummer (hier 2) beschriftet.
Jetzt schnappe ich mir einen Streifen Stahl und arbeite alle Splinte einer Streifen-Nummer(2) auf den verschiedenen Schablonen ab. Der Streifen wird hierfür unter die Schablone an die Position des Splints gelegt und mit einem dicken Bleistift oder Permanentmarker angezeichnet. Anschließend wird mit der Reißnadel die Splinten-Position (S4) auf den gerade markierten Splint geritzt (Rückseitig natürlich). Bleistift oder Permanent-Marker verwischen gern beim Bearbeiten.
Mangels eines dieser wundervollen Geräte namens Beverly-Shear, die man immer bei den ausländischen Rüstungsbauern sieht, muss ich meine Stahl-Streifen leider mit der Stich-Säge zuschneiden.

Das ist leider ultra-Langwierig -.-
Dabei sollte man immer Gehörschutz, derbe Handschuhe und Schutzbrille tragen. Letzte Woche hab ich's geschafft einen Sägespan mit dem Auge zu fangen. Und das trotz Schutzbrille UND normaler Brille (zu schmales Gesicht, ist irgendwie durch den Spalt zwischen Schutzbrille und Nasenbeinseite gehüpft, aber es ist nix passiert, konnte ihn einfach auswaschen).

Kanten abrunden
Meine Splinten sollen an ihren Enden schön zur Form des Leders passen, daher entstehen beim zusägen Teilweise recht üble spitze Winkel, die so an einer Rüstung nicht viel zu suchen haben.

Leider bin ich nicht Stichsägenkünstler genug um das direkt schön rund zuzuschneiden, also kommt hier eine Schrupp-Feile (also eine ganz grobe) zum Einsatz. Damit mir der Schraubstock nicht den Stahl versaut (diese Rauten kriegt man im Nachhinein kaum noch raus), habe ich mir provisorische Schutzbacken aus Holz gebaut, die einfach vor die Schraubstock-Backen gehängt werden.
 
Wenn die Enden dann grob abgerundet sind, wird entgratet. Das mache ich nicht mit der Feile. Ich spanne einen handelsüblichen Bandschleifer in den Schraubstock und ziehe darauf die Kanten ab (Bild liefere ich nach).
Man kann natürlich auch damit die Enden abrunden, aber eine 1,5mm breite Stahlecke frisst so ein "günstiges" Bandschleifer Band zum Frühstück. Und ganz so günstig sind die Bänder dann doch nicht...

Jetzt ist’s endlich soweit! Eisenbiegen! Meine erste Idee war, ein Hartholz zu nehmen, eine gerundete Rille hineinzustemmen/schleifen und darin mit dem Ballhammer das Material zu formen (Bild liefere ich nach).
War aber nicht ganz so praktikabel. Erstens dauert's wirklich ewig bis man mal so 'nen Splint fertig hat, und zweitens nutzt sich die Rille schnell ab. Nach vier Splinten, einem verballerten Dienstag-Abend und einem danach unbrauchbaren Holzklotz habe ich diese Idee beerdigt.
Mit einem meiner Rüstungsbauer-Mitstreiter, der sich gerade Stundengläser baut, habe ich etwas überlegt. Er hat sich an ein Video erinnert, indem ein Rüstungsbauer die kleinen Plättchen für seine Handschuhe einfach mit zwei ineinandergeschobenen Rohren zurechtgebogen hat. Jetzt war der Typ aber erstens ein Bär, was man von mir nicht behaupten kann (vom Brusthaar mal abgesehen ^^) und zweitens sind meine "Plättchen" ein kleines Stückchen länger. Mit "durch drauflehnen verbiegen" würde ich also nicht weit kommen. Egal, der Ansatz ist aber schon mal gut. Auf in den Baumarkt.

Dort habe ich bei den Wasserleitungen verschiedene Stahl-Rohre gefunden: 1", 3/4" und 1/2". Das 3/4" passt problemlos ins 1", das 1/2" könnte man vielleicht unter Anwendung grober Gewalt ins 3/4" Rohr treiben.
Von allem 40cm gekauft und zurück in die Werkstatt.

Mit der Stichsäge habe ich das 1" Rohr auf ca. 20cm ab gelängt. 2cm vom Ende des Rohres entfernt habe ich nun einige in Längsrichtung direkt nebeneinander liegende Löcher gebohrt (sieht man noch). Dann habe ich das Rohr jeweils 2cm vom Ende entfernt bis zur Hälfte eingesägt, dann das Sägeblatt in die nebeneinanderliegenden Löcher eingeführt und das Rohr so auf gesägt, dass ein Teilstück herausfällt.
(Ich hoffe man kann anhand des Bildes erkennen was ich krampfhaft versucht habe zu beschreiben...)
Vom 3/4" Rohr habe ich ein Stück abgetrennt, das etwa so lang ist wie die Aussparung im 1" Rohr. Danach habe ich mit der Rundfeile versucht innen die Schweißnaht zu entfernen, damit das 1/2" Rohr besser hineinpasst und anschließend versucht es hineinzutreiben. Leider hat mein Handgelenk vor den Rohren aufgegeben, aber ich habe nun zumindest auf 75% der Länge ein wirklich stabiles Rohr.
Die 1/2" + 3/4" Rohrkombi wird mit dem 1" Rohrzuschnitt zusammengesetzt und ergibt somit das Form-Werkzeug.
 
Jetzt geht's wieder zur Fließbandbearbeitung:
Vorne den Splint ein Stück in das Werkzeug hineinschieben, oben mit dem Hammer draufhauen. Splint weiter reinschieben, Innenrohr leicht drehen, draufhauen. Und so weiter.
Idealerweise macht man einen schnellen Durchlauf um den ganzen Splint grob in Form zu bringen und einen sorgfältigen Durchlauf um die Rundung "perfekt" zu gestalten.

Durch das Drehen des Innenrohrs nach jedem Hammerschlag sollte das so einigermaßen seine Rundung Form behalten und nicht zum Ei werden. Auf Dauer wird's natürlich länger und dünner.
Eine schwingungs- und dämpfunsfreie Unterlage erleichtert das Arbeiten enorm. Auf dem Ambos geht das deutlich leichter als auf der Richtplatte des Schraubstocks...
 
Um mir die Arbeit ein kleinwenig zu erleichtern habe ich meine gesamten Schweißkünste in dieses Projekt eingebracht und habe mir unten einige Punkte mit dem Elektrodenschweißgerät gesetzt, sodass das halbe Rohr nicht wegrollen kann. Eigentlich war der Plan, das Halbrohr auf einen Vierkant zu setzen und somit eine Art "Gesenk" herzustellen. Dafür hat's aber nicht gereicht.
Fuck you Elektrodensch(w)eißgerät. Ich schaff's auch ohne dich.

Das war jetzt eigentlich auch schon das ganze Hexenwerk. 11 von 18 Metern habe ich -denke ich- schon durch die Mangel gedreht, aber ich glaube der richtige Spaß geht erst beim vernieten los.
Ich freu mich ja schon so drauf.

Falls jemand einen Tipp parat hat: Ich wollte für das Vernieten auf der Rückseite M3er Unterlegscheiben verwenden, damit sich die Niete nicht so schnell durchs Leder zieht. Nun hat die aber einen Innendurchmesser von 3,2mm, während der Nietschaft einen Außendurchmesser von 3mm hat. Das initiale Verklemmen der Scheibe mit dem Schaft ist dadurch nicht ganz trivial (sag ich mal so nach 10 Versuchen).
Habt ihr eine Idee, wie/wo man an passende Scheiben kommt? Selbermachen kommt bei >700 benötigten Nieten genauso wenig in Frage wie Pass-Scheiben für 0,10€ das Stück...

Ach ja. Hier waren letzten Mittwoch Faschingsferien, daher war unsere Halle zu und wir hatten kein Training. Diese Woche müsste es aber klappen mit den Bildern vom Zwischenstand.

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