Samstag, 7. Februar 2015

Splintenzeug Teil 2: Leder kochen

Leder kochen
Die lange Unterbrechung tut mir leid, aber irgendwie komme ich zu nix ;)
Als nächstes wurde das ganze Leder gekocht. Warum?
Durch das Kochen verändern sich einige Eigenschaften des Leders:
  • Es ist kurzzeitig Formbar
  • Nach dem Auskühlen behält es die Form
  • Es wird (je nach Temperatur/Kochdauer) sehr hart und ziemlich Stichfest
Das gekochte Leder (cuir bouilli) war nicht umsonst für einige Zeit eine willkommene Zusatz-Rüstung über dem Ringelpanzerhemd. Gerade im deutschen Raum soll es um die Mitte des 14. Jahrhunderts nicht selten Verwendung gefunden haben.
Lange hat sich die Meinung gehalten, das Leder werde in Wachs oder Öl gekocht um cuir bouilli herzustellen, allerdings gibt es dafür wohl wenige bis keine schriftlichen oder bildlichen Belege.
In der Praxis hat sich derart hergestelltes cuir bouilli gegenüber mit Wasser gekochtem wohl als schwerer und weniger Schnitt- und Stichresistent erwiesen. Ich selbst habe mit Wachs und Öl aber nicht experimentiert.
Im Netz bin ich auf einige interessante Artikel zu diesem Thema gestoßen, die ich euch natürlich nicht vorenthalten will:
http://makersgallery.com/rexlingwood/historicalarticles.html
http://www.jeanturner.co.uk/static-content/tutorials/CuirBouilliTec...
http://www.arador.com/armour/how-to-make-water-hardened-leather-arm...
Was brauchen wir:
  • Leder(ja, tatsache...), mindestens 4mm stark, vegetabil gegerbt
  • Einen Topf, der groß genug ist. Beispielsweise ein Einkochtopf (ca. 15€ bei Ebay)
  • Eine Kochstelle die angemessen groß ist (bspw. ein Gaskocher)
  • Ein oder mehrere Thermometer
  • eine Grillzange aus Holz (nasses Leder verfärbt sich beim Kontakt mit blankem Eisen)
  • Einen großen Löffel zum Rühren 
  • Frischhaltefolie (viel)
  • Zeit (viel)
  • Geduld (viel)
  • manchmal eine helfende Hand
  • möglicherweise einen großen Spiegel
  • Wasser
  • Einmalhandschuhe
  • Stoppuhr
Vorbereitend wird natürlich alles aufgebaut, der Topf mit Wasser befüllt und die Kochstelle angeworfen.
Während sich das Wasser aufheizt, kann man sich schonmal in Schale werfen. Also anziehen, was man unter der Lederpanzerung tragen will. Als nächstes wickelt man die betreffenden Körperteile mit Frischhaltefolie ein, da Leder -ob nun gefärbt oder nicht- im nassen und heißen Zustand immer etwas Farbe abgibt. Dann heißt es: Warten.
Wir brauchen eine Wassertemperatur die möglichst exakt 75°C beträgt. Heißer lässt das Leder schnell schrumpeln und extrem(!) hart (und dadurch brüchig) werden. Kühler... Na ja, der gewünschte Effekt stellt sich kaum ein.
Ich habe verschiedenes probiert:
  • Infrarot-Thermometer-Pistole (bei der Arbeit ausgeliehen)
  • Einkoch-Thermometer
  • Fleisch-Thermometer vom Metzger
Am einfachsten war die Pistole. Draufhalten, ablesen. Also bin ich dabei geblieben. Vor dem Temperatur-Messen sollte man das Wasser immer umrühren, den die Temperaturunterschiede in so einem 20 Liter Kübel sind schon beträchtlich.

Passt die Temperatur, schnappt man sich ein ausreichend großes Teststück vom selben Leder was man für die Rüstung verwenden will. Dazu muss natürlich auch die Dicke und die Art passen. Nacken-Leder verhält sich einfach anders als ein Stück vom Croupon. Und dann: Ausprobieren. Es geht hier vor allem darum möglichst genau herauszufinden, wie lange das Leder im Wasser sein muss. Bei mir waren es 40 Sekunden. Sobald es anfängt sich zu Wellen muss es sofort raus, am Besten passt man genau den Zeitpunkt ab, bevor es anfängt. Da muss man wirklich probieren. Sobald es aus dem Wasser ist, sollte es an die entsprechende Körperstelle angepasst werden. Ich habe mit den Probestücken mein abgewinkeltes Knie abgeformt, denn so bekommt man ein Gefühl dafür, was man mit dem Leder anstellen kann.

Es ist in den ersten zwei Minuten extrem weich und auch einigermaßen Dehnbar, Eigenschaften, durch die man das Leder wunderbar formen kann.(Bild links) Allerdings muss man auch aufpassen, dass man mit seinem Werkzeug (Grillzange) keine Abdrücke auf dem Leder hinterlässt, die gehen nicht mehr raus. Hat das Leder die passende Form angenommen, kann man es vom Körper abnehmen und noch schnell letzte Feinheiten (bspw. dicke Falten/Wulste vom Gambi) auszugleichen(Bild mitte).Mit einsetzen der Abkühlung ist es wichtig, das Leder möglichst wenig zu bewegen, damit das Faser-Gewebe seine beim Aushärten seine Form beibehalten kann. Es einfach abzulegen ist dabei -je nach Werkstück- keine gute Idee. Eine Armschiene beispielsweise wird dann aufklaffen und so aushärten. Meine Frau hatte die wunderbare Idee, es sanft in Frischhaltefolie zu wickeln (Bild rechts).
Nach 20 Minuten ist es Save das Zeug wieder auszuwickeln und es auf die moderat eingestellte Heizung zu legen.
Kommt blos nicht auf die Idee, es bei 50° Umluft in den Backofen zu packen... Das Resultat ist das selbe, wie zu heiß und zu lang gekocht. Blöde idee. Ganz blöd. Das muss einfach langsam trocknen...
Hier noch ein paar Bilder von der nächsten Runde:

Temperatur messen, Checken ob man die richtige Seite erwischt hat, warten, messen, umrühren... *seufz*
Ja, ich hab da ne Nadel im Mund, die brauch ich gleich. Kann man sich auch an den Pulli stecken, aber dann muss man ja nicht verkrampft aus der Wäsche schauen... (*next time, I'll do better*)

Temperatur passt! Timer los, rein damit und schauen dass alles unter Wasser ist, feststellen, dass zwei Holzwerkzeuge besser gewesen wären und drauf scheißen ^^... 40 Sekunden gehen dankbarerweise schneller rum als 5 Minuten Aufwärmzeit... Und ran ans Schienbein!

Wenn man gerade niemanden hat, der einem hilft, kann man sich wie hier an der Wade gezeigt mit einem Stoffwickel helfen(endlich die Nadel losgeworden), der dem Teil die Grundform gibt und sich dann um die wichtigen Stellen (hier die Fessel) kümmern. Wie gesagt, man kann das Leder verbiegen, man kann ziehen, stauchen, es macht in der ersten Zeit fast alles mit.

Bei diesem von der Form her "komplexesten" Stück der Rüstung habe ich beschlossen, die Abkühlphase direkt am Bein abzuwarten. Dabei kann man natürlich schon das nächste Teil vorbereiten/kochen. Aber erstmal warten bis das Wasser heiß ist. Bis dahin hilft 9gag und der Laser-Pointer an der Thermometerpistole vorm Kochkoller... :)

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